Personalmangel im öffentlichen Dienst – Dem Staat fehlen fast 330.000 Mitarbeiter.
dbb beamtenbund und tarifunion (2021), PDFDer Fachkräftemangel ist in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltung bereits heute deutlich spürbar und wird durch den demographischen Wandel künftig noch weiter verschärft. Prognosen zufolge werden bis 2030 über eine Million Beschäftigte in deutschen Behörden fehlen.
Deshalb wird es auch zunehmend wichtig, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen – und langfristig zu halten! Zumal auch der Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Arbeitgebern um immer weniger Beschäftigte längst begonnen hat und sich in Zukunft noch verstärken wird.
Das Arbeitgeberwerteversprechen (AWV) umfasst zentrale Attribute, die einen Arbeitgeber attraktiv und einzigartig für Bewerbende machen – und bietet der Verwaltung die Chance, sich in diesem „War for Talents“ zu behaupten.
Aktuell im Fokus: Mit dem Arbeitgeberwerteversprechen mehr qualifizierte Mitarbeitende für den öffentlichen Sektor gewinnen und langfristig binden!
Der bereits spürbare Mangel an qualifizierten Fachkräften stellt das Personalmanagement in der öffentlichen Verwaltung schon heute vor große Herausforderungen. Die ohnehin schon angespannte Personalsituation in vielen Behörden wird insbesondere durch die in den kommenden Jahren bevorstehenden „Renten- und Pensionierungswellen“ der geburtenstarken Jahrgänge noch weiter verschärft.
Verschiedene Erhebungen gehen davon aus, dass bis 2030 knapp 30 Prozent der Verwaltungsbeschäftigten in den Ruhestand gehen werden. Während also bereits heute (2023) circa 330.000 Mitarbeitende fehlen, werden bis 2030 weitere knapp 1,3 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer altersbedingt aus dem öffentlichen Sektor ausscheiden.
Gleichzeitig sieht sich eine sinkende Anzahl Beschäftiger mit stetig steigenden Anforderungen konfrontiert wie der zunehmenden Digitalisierung und einer immer komplexeren Arbeitswelt – letzteres unter anderem hervorgerufen durch das zeitgleiche Auftreten unterschiedlicher Krisen (z. B. Klimawandel, Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, steigende Lebenshaltungskosten).
Darüber hinaus sind die Ansprüche an Verwaltungsleistungen in Bezug auf Qualität und Schnelligkeit gestiegen. Ähnlich wie bei einem Paket, das heute bestellt und morgen geliefert wird, erwarten Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen mittlerweile, dass Termine in den Behörden zeitnah vergeben und die Bearbeitung von Anträgen zügig erfolgt und sich nicht über mehrere Wochen oder gar Monate hinzieht.
Personalmangel im öffentlichen Dienst – Dem Staat fehlen fast 330.000 Mitarbeiter.
dbb beamtenbund und tarifunion (2021), PDFVor diesem Hintergrund ist es zum einen wichtig, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes durch Umschulung bzw. Höherqualifizierung neue Kompetenzen erwerben. Die Einführung flexibler Arbeitsmethoden wie die agile Projektarbeit, befähigt die Mitarbeitenden darüber hinaus, schneller auf disruptive Veränderungen in einer allgemein volatileren (Arbeits-)Umwelt reagieren zu können.
Zum anderen müssen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sowohl die Bemühungen, qualifiziertes Fachkräfte in hoher Zahl zu akquirieren als auch bereits gewonnene Fachkräfte längerfristig an die öffentliche Verwaltung zu binden, gestärkt werden. Und da der demografische Wandel alle Branchen betrifft, hat auch der Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Arbeitgebern um immer weniger Beschäftigte längst begonnen.
Um in diesem „War for Talents“ zu bestehen, gilt es daher, die zahlreichen sektor- und organisationsspezifischen Vorteile des öffentlichen Diensts in Abgrenzung zu anderen Arbeitgebern deutlich zu machen. Hierfür wird das sogenannte Arbeitgeberwerteversprechen (AWV) eingesetzt. Es umfasst die zentralen Attribute, die einen Arbeitgeber aus Sicht der derzeitigen und künftigen Beschäftigten besonders attraktiv und einzigartig machen und bildet den inhaltlichen Kern für die Positionierung der Arbeitgebermarke im Rahmen der internen und externen Kommunikation.
Das Arbeitgeberwerteversprechen (AWV) schärft das Profil einer Organisation und vermittelt potenziellen Bewerbenden, was diese als Arbeitgeberin im Speziellen auszeichnet. Anders ausgedrückt: „Das Personalmarketing bekommt damit ein scharfes Schwert in die Hand, mit dem es sich durch die Konkurrenzlandschaft schlagen kann.“ (Petrov 2022)
Als wichtiger Bestandteil einer starken Arbeitgebermarke kann das AWV seine Wirkung sowohl im Zuge der Personalgewinnung (Anziehung von Talenten) als auch bei der Personalentwicklung entfalten. Denn mit einem starken AWV können nicht nur neue Mitarbeitende geworben, sondern auch bestehende nachhaltig an die Organisation gebunden werden.
Mit dem AWV lassen sich aktuellen und künftigen Mitarbeitenden die wesentlichen Vorteile und Alleinstellungsmerkmale von Unternehmen und Organisationen vermitteln. Dies können sowohl monetäre Leistungen wie Gehalt und Zusatzleistungen – sogenannte Hygienefaktoren – als auch nicht-monetäre Vorteile wie Organisationskultur und Werte, berufliche Weiterentwicklung sowie das Arbeitsumfeld sein.
In ihrer Gesamtheit bilden sie das AWV einer Organisation. Wichtig dabei ist das „wahrgenommene Gesamtpaket“ des AWV, das über seine einzelnen Bestandteile hinausgeht. Das AWV sollte deshalb das Fundament sein, auf dem gezielte Maßnahmen und Angebote des Personalmarketings aufbauen.
Quick Guide Employer Branding für Konzerne.
Petrov, Sebastian (2022), Springer Gabler: Wiesbaden.Der Zweck des Employer Brandings besteht im Allgemeinen darin, die Wahrnehmung eines Unternehmens bzw. einer Organisation nach innen und nach außen zu steuern. Dabei stehen nicht nur Bewerbende oder Mitarbeitende, sondern alle Stakeholder – etwa auch Lieferanten und Kunden – im Fokus.
Das Employer Branding stellt die Werte einer Organisation in den Vordergrund und nutzt diese, um die Verbundenheit der Stakeholder zu steigern bzw. zu verhindern, dass diese sich vom Unternehmen oder der Organisation abwenden. Das Ziel in Bezug auf die Gewinnung neuer Mitarbeitender ist es, eine nachhaltige Identität und Organisationskultur aufzubauen und sich dadurch von anderen Arbeitgebern der gleichen Branche abzuheben sowie die Innen- und Außenwahrnehmung gezielt zu steuern (Petrov 2022).
Dagegen zahlt das AWV zwar auf die Ziele des Employer Brandings ein, bewegt sich mit seinen Handlungsfeldern und Maßnahmen jedoch bereits auf der deutlich konkreteren, zielgruppenspezifischeren Ebene. Während also das Employer Branding versucht, das übergeordnete Bild zu formen, das von einem Unternehmen bzw. einer Organisation existiert, beschäftigt sich das Arbeitgeberwerteversprechen damit, welche konkreten, an das Employer Branding angelehnten Mehrwerte die Organisation für die Bewerbenden und Mitarbeitenden bietet, um sich diesen gegenüber authentisch und mit einem klaren Profil zu präsentieren und sich dadurch auch von anderen Arbeitgebern zu unterscheiden (Kriegler 2022: 192). Die Identität und die Werte des Arbeitgebers werden in Form des AWVs konkretisiert und folglich auch manifestiert.
Praxishandbuch Employer Branding: Passende Mitarbeiter finden und binden.
Kriegeler, Wolf Reiner (2022), Haufe: Freiburg, München.Für die öffentliche Hand ist das AWV ein wichtiges Instrument, die zahlreichen Mehrwerte sichtbar zu machen, die der öffentliche Sektor im Allgemeinen und die eigene Behörde im Speziellen bieten können. Insbesondere die jüngeren Generationen, die den in den kommenden Jahren ausscheidenden „Baby‑Boomern“ nachfolgen, legen zunehmend mehr Wert auf nicht-monetäre Faktoren. Dazu gehören etwa eine sinnstiftende Arbeit, eine gute Work-Life-Balance oder ein wertschätzendes und modernes Arbeitsumfeld.
Der öffentliche Sektor ist ein Arbeitsbereich, der potenziell auf viele Bedürfnisse dieser neuen Generation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eingehen kann. Anders als in der Privatwirtschaft zeichnet er sich in besonderem Maße durch Tätigkeiten aus, die etwa auf eine Stärkung des Gemeinwohls abzielen und bei denen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eher möglich ist. Dies sind Vorzüge, die öffentliche Organisationen im Rahmen des AWV noch stärker in ihre Personalgewinnung bzw. ihr Personalmanagement einfließen lassen sollten, um sich im oben zitierten „War for Talents“ gegen andere Branchen zu behaupten.
Allerdings gelingt es öffentlichen Arbeitgebern offensichtlich noch nicht in ausreichendem Maße, diese Vorzüge in eine wettbewerbsfähige Positionierung zu übersetzen. Nach der Studierendensurvey des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF, 2017) möchte jede:r vierte Studierende in der Privatwirtschaft, jedoch nur jede:r zehnte dezidiert im öffentlichen Sektor arbeiten. Die Frage ist: Woran liegt es, dass die Verwaltung potenzielle Bewerberinnen und Bewerber nicht von ihrer Attraktivität als Arbeitgeberin überzeugen kann?
Der Studierendensurvey
Bundesministerium für Bildung und Forschung (2017), PDFParadoxerweise erwarten gerade jene Studierenden, die es mehrheitlich in die Privatwirtschaft zieht, von ihren künftigen Arbeitgebern die Vorteile, mit denen die öffentliche Hand eigentlich punkten könnte:
Aber gerade diese Versprechen scheinen Studierende nicht automatisch mit der öffentlichen Verwaltung zu assoziieren. Ein Grund: Die fehlende oder mangelnde Positionierung von öffentlichen Arbeitgebern, wodurch auch kein überzeugendes AWV im Sinne eines Alleinstellungsmerkmals („Unique Selling Proposition“) erkennbar wird. Diese externe Wahrnehmung findet ihre Entsprechung innerhalb des öffentlichen Sektors: In einer Befragung von Next:Public und der Hertie School konnten lediglich ein Drittel der Beschäftigten aus Verwaltungen aller föderaler Ebenen ihrer Behörde eine Arbeitgebermarke zuordnen und nur 20 Prozent waren der Ansicht, dass das von ihrer Behörde vermittelte Bild der Arbeitgebermarke der Realität entspricht (Bleibebarometer, 2022).
Diese Ergebnisse zeigen auch, dass die öffentliche Verwaltung ihre Anstrengungen, aktuelle Mitarbeitende zu binden, erheblich verstärken sollte, um nicht das Risiko einzugehen, diese langfristig zu verlieren. Denn Beschäftigte zu halten, ist – neben der Gewinnung neuer Talente – ein bedeutender Faktor, um dem wachsenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
„Bleibebarometer Öffentlicher Dienst“
Next:Public (Januar 2022)Die Mehrheit der Jobsuchenden informiert sich nach wie vor im Internet über potenzielle künftige Arbeitgeber. In einem Lagebild zum Reifegrad des AWV in der öffentlichen Verwaltung untersuchte die PD daher die Karriere-Webseiten von ca. 50 öffentlichen Arbeitgebern auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene im Hinblick auf deren Arbeitgeberwerteversprechen entlang der folgenden Bewertungsdimensionen:
Als eine grundlegende Erkenntnis der Analyse hat sich gezeigt: Erfolgreiche Umsetzungen von Arbeitgeberwerteversprechen erfolgten unabhängig von der Größe und Verortung der um Mitarbeitende werbenden Behörde.
Das heißt: Ob im Bund, in den Ländern oder Kommunen – auf allen föderalen Ebenen konnten sowohl Best Practices als auch Verbesserungspotenziale identifiziert werden. Letztere stellen wir im Überblick dar – ergänzt um Empfehlungen für die Ausgestaltung eines leistungsstarken Arbeitgeberwerteversprechens.
Situationsanalyse | Empfehlungen |
---|---|
Behörden scheinen allgemein Schwierigkeiten zu haben, ein konkretes und greifbares AWV zu kommunizieren |
Basis: Erstellung einer modernen und nutzendenzentrierten Website mit einem prominent platzierten Absprung zur Karriereseite Darüber hinaus: Fokussierte Aufbereitung des AWV, etwa durch authentische Testimonials oder Erfahrungsberichte, z. B. Kurz-Videos, in denen echte Mitarbeitende über ihre Arbeit informieren – und begeistern! Informationen auf der Karriereseite sollten stets aktuell gehalten werden |
Vielfach fehlende oder zu wenige Informationen zum AWV |
Durchgängige Empfehlung: Quantitative und qualitative Ausweitung der Kommunikation zu den einzelnen Dimensionen des AWV Neben Informationen zu Vergütung/Tarifbänder auch Bezüge herstellen zu den Kernkategorien des Werteversprechens wie etwa Reputation und Glaubwürdigkeit oder Arbeitsumfeld und Organisationskultur |
Verschiedentlich fehlender Fokus auf Zielgruppen |
Entwicklung von differenzierten „Personas“ (fiktive Figuren): Demografische Daten (Alter, Geschlecht, aktueller Beruf/Funktion) Motivation Werte Bedürfnisse Ziel: Möglichst konkrete Vorstellung von den gesuchten Mitarbeitenden Basis für Gestaltung der Webseite und Kommunikation des AWV Best Practice: Behörden mit (Zielgruppen-)Fokus auf Bewerbende mit MINT-Kompetenzen |
Der Blick auf den Status quo der AWV in der öffentlichen Verwaltung hat gezeigt, dass das anfangs zitierte „scharfe Schwert des Personalmanagements“ heute noch nicht überall zum Einsatz kommt bzw. noch weiter geschärft werden muss, um eine so große Durchschlagskraft zu entwickeln, wie sie angesichts der beschriebenen Herausforderungen des Personalmanagements der öffentlichen Verwaltung in den nächsten Jahren notwendig sein wird.
Auf diesen Erkenntnissen aufbauend hat sich die Initiative Arbeitgeberwerteversprechen der PD das Ziel gesetzt, einen effizienten Prozess zur Entwicklung von AWVs zu erarbeiten, der es erlaubt, gemeinsam mit der öffentlichen Hand mehrwertstiftende Arbeitgeberwerteversprechen zu entwickeln. Damit stellt sich die PD als kompetente Partnerin für die Entwicklung passgenauer AWV-Lösungen an die Seite der öffentlichen Verwaltung und erweitert ihre Beratungs-Expertise künftig um diesen zentralen Eckpfeiler des Personalmarketings.
In diesem Sinne lädt die Initiative Arbeitgeberwerteversprechen der PD ganz herzlich zum Austausch und zur kollaborativen Gestaltung des Themas ein. Sandra Mattke und Dr. Timur Erim freuen sich über Ihre Anregungen, Erfahrungen und Ideen dazu!
Mit dieser Initiative baut die PD ihre bereits vorhandene Expertise im Bereich Personalgewinnung und Personalmanagement im öffentlichen Sektor weiter aus. Das Thema AWV gliedert sich passgenau in eine Reihe verwandter Themen ein, die das Team Personal & Organisation der PD bereits in den letzten Jahren konzepionell vorangetrieben und praktisch im Kunden-Kontext erprobt hat.
Dazu zählen insbesondere die Bereiche
Sandra Mattke Senior Managing Expert
+49 152 284 640 76 Friedrichstr. 149 10117 Berlin
Katharina Teubel Senior Consultant
+49 173 429 20 97 Friedrichstr. 149 10117 Berlin
Caspar Ziegler Consultant
+49 162 240 72 20 Im Fleethof, Stadthausbrücke 3 20355 Hamburg
Vincent Novak Senior Consultant
+49 162 272 75 31 Friedrichstraße 149 10117 Berlin