Welche Lehren sollten öffentliche Führungskräfte aus der Corona-Pandemie ziehen? Wie nachhaltig ist der Modernisierungsschub, der die öffentliche Hand erfasst hat? Und wie können Verwaltungen die entstandene Veränderungsdynamik nutzen?
Die Mitglieder des Beirats der PD diskutierten in ihrer Sitzung am 26. März 2021 über Strategien, die öffentliche Hand robust gegenüber künftigen Krisen aufzustellen. Die Beiratssitzung machte deutlich, dass es hierfür eines nachhaltigen Kulturwandels innerhalb der Verwaltungen bedarf.
Offen gesagt – Erkenntnisse aus der PD-Beiratssitzung im März 2021.
Die Corona-Pandemie stellt die Handlungsfähigkeit der Verwaltung durch ihre schiere Dauer, die länderübergreifende Betroffenheit aller Bevölkerungsschichten und ihre absehbaren, immensen sozialen und wirtschaftlichen Folgen auf eine harte Probe.
In der Diskussion der Beiratsmitglieder über ihre Beobachtungen der Verwaltung seit Beginn der Corona-Pandemie wurden gleichermaßen positive Entwicklungen wie dringende Handlungsbedarfe für eine gesteigerte Krisenfestigkeit deutlich.
Die Einsatzbereitschaft der Verwaltungsbeschäftigten und der Wille zur Erprobung ungewohnter Arbeitsweisen wurden durchgängig positiv wahrgenommen. Auch das Führen auf Distanz wurde als weitgehend geglückt eingeschätzt.
Auf der Sollseite der Corona-Zwischenbilanz finden sich fünf Handlungsfelder, denen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.
Die öffentliche Hand ist auf eine Krise von Ausmaß und Dauer der Corona-Pandemie nicht vorbereitet. Zwar haben Behörden ihre internen Prozesse an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst und damit die Handlungsfähigkeit des Staates gesichert. Dennoch mangelt es an der Bereitschaft, ressortübergreifend und interföderal an pragmatischen Lösungen zu arbeiten. Es zeigt sich, dass die öffentliche Hand in Verwaltungsvorgängen und Zuständigkeiten denkt, nicht in Projekten.
Zur Steigerung der Resilienz der öffentlichen Hand sollten Politik und Verwaltungsspitzen daher kritisch diskutieren, wie die Zusammenarbeit interföderal und ressortübergreifend verbessert und die Projektfähigkeit der Verwaltung gestärkt werden kann.
Eine Krise ist ein ungewolltes Projekt, das nur im Zusammenspiel aller Beteiligten effektiv bearbeitet werden kann. Projektarbeit muss künftig als Grundlage von Verwaltungsarbeit im agilen Rahmen verstanden werden. Es bedarf technischer und personeller Ressourcen und des Muts der Beschäftigten, sich auf Neues einzulassen. Die Organe des Föderalstaates müssen lösungsorientiert zusammenarbeiten, anstatt auf eigenen Zuständigkeiten und gewohnten Handlungsweisen zu beharren.
Zur Krisenvorsorge sollten Behörden Notfallpläne erarbeiten, diese regelmäßig testen und ihre Leistungserbringung durch Kennzahlen und Indikatoren abbilden, um im Krisenfall die eigenen Ressourcen effizient einzusetzen. Die Entwicklung einer Projektkultur in der Verwaltung wird nur gelingen, wenn Kooperation zu einer Handlungsmaxime öffentlicher Führungskräfte wird und auftretende Fehler als Ausdruck einer neuen Offenheit gegenüber ungewohnten Handlungswegen angesehen werden.
Der hierfür notwendige Kulturwandel innerhalb der öffentlichen Hand sollte einhergehen mit einem Masterplan für die nachhaltige, nutzenorientierte Digitalisierung der Verwaltungseinheiten auf allen föderalen Ebenen. In einer Krisensituation braucht es interne Strukturen, die mutige und unkonventionelle Lösungen in kurzer Zeit ermöglichen. Und es bedarf einer verlässlichen IT-Infrastruktur, die das Weiterarbeiten gewährleistet und die relevanten Akteure miteinander vernetzt.
Damit Deutschland im internationalen Vergleich nicht den Digitalisierungsanschluss verliert, muss die Investitionsbereitschaft der öffentlichen Hand zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes und der E-Government-Gesetze der Länder deutlich gesteigert werden. So hat die Corona-Pandemie zwar zu punktuellen Digitalisierungsschüben in öffentlichen Institutionen geführt, für eine konsequente Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung fehlt es jedoch an finanziellen und personellen Ressourcen.
Die Corona-Pandemie zeigte, wie Föderalismus, Ressortprinzip und Regeltreue eine agile Reaktion des Staates in Krisensituationen erschweren können. In einem Krisenfall müssen Politik und Verwaltung in kooperativer Zusammenarbeit Wege aus der Krise finden. Erste Schritte zu einer nachhaltigen Krisenvorsorge sind die Weiterentwicklung des kooperativen Föderalismus, die konsequente Digitalisierung und das Etablieren einer Projektkultur. Im zweiten Schritt gilt es, Rollen und Prozesse im Krisenfall gesetzlich zu verankern. Nur so kann das Vertrauen der Bevölkerung auf eine ordnungsgemäß funktionierende Verwaltung erhalten bleiben.
Die Diskussion adressierte die wesentlichen Handlungsfelder, die es für eine resiliente Verwaltung zu bearbeiten gilt:
Die rechtlichen Grundlagen für die Digitalisierung sind durch das Onlinezugangsgesetz und die E-Government-Gesetze der Länder gelegt, doch mangelt es an finanziellen und personellen Ressourcen, die Digitalisierung nachhaltig voranzutreiben. So ist die elektronische Akte in vielen Verwaltungen noch nicht umgesetzt, die IT-Infrastrukturen können die durch die Corona-Pandemie veränderten Anforderungen noch nicht flächendeckend bedienen.
Der Weg zur Digital Governance bedeutet, die derzeit zu beobachtende vertikale Digitalisierung in Ressorts und Behörden zu beenden und eine projektbasierte, ressortübergreifende Zusammenarbeit für die nachhaltige Digitalisierung von Prozessen und Arbeitsumfeldern strukturell in der Verwaltung zu verankern. Damit kann die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Veränderungsdynamik für eine konsequente Digitalisierung der Verwaltung genutzt werden – um die Verwaltung auch für eine potenzielle neue Krisensituation zu stärken.
Constanze Benecke Leiterin Geschäftsführungsbüro Nachricht schreiben
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